8 Einführung in VM2G

Der Mensch wurde zur Schönheit geschaffen. Dies kann man auch im biblischen Buch Lied der Lieder nachlesen, das die Schönheit von Frau und Mann besingt.

„Deine Zähne sind wie eine Herde von Schafen vor der Schur, die aus der Furt steigen, und jedes von ihnen wirft zwei Lämmer, keine bleibt unfruchtbar… Deine Kehle ist wie der Turm Davids, erbaut aus Schichten von Steinen, daran aufgehängt tausende von Schilden, alles Langschilde von Helden… seine Hände sind goldene Zylinder, mit Tarschisch besetzt…. Er sieht aus wie Libanon, stolz wie eine Zeder.“

Dieses und viele anderen Bücher beschreiben die Schönheit eines perfekt reifen menschlichen Körpers, der eine fehlerlose Entwicklung des Bewegungsapparates absolviert hat. Aus klinischer Sicht könnten wir sagen, dass ein solcher Körper die ideale Körperhaltung, also die ideale Postur hat, und dass die Grundbewegungsstereotypen bei ihm perfekt ausgewogen und koordiniert sind.

Der dritte Gesichtspunkt ist der ausgezeichnete Zustand des Muskel-Knochen-Apparats im Sinne einer angemessenen Menge von Muskel- und Fettgewebe und symmetrisch verteilter „Körpermasse“.

Alle diese Aspekte, schaffen, wenn sie in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, die Voraussetzungen für wirkliche Schönheit des weiblichen und männlichen Körpers, für Anmut, die keiner Verschönerung mehr bedarf.

Schon viele Künstler haben seit der Antike versucht, diese Schönheit des Körpers abzubilden, es sieht aber so aus, als sei der Höhepunkt von den genialen Renaissance-Künstlern Leonardo da Vinci, Michelangelo Buonarroti und Sandro Botticelli erreicht worden. Sie begriffen, dass Schönheit sehr eng mit der Funktionsfähigkeit des Körpers verbunden ist. Deshalb haben sie sehr präzise die Anatomie des menschlichen Körpers studiert und beschrieben. Werke, die aufgrund dieser Kenntnisse entstanden, sind zweifelsohne das Beste, was bisher in der bildenden Kunst geschaffen wurde.

Auch dieses Buch bemüht sich, Kenntnisse und Erfahrungen zu vermitteln, die einen Weg zur Gesundung des Bewegungsapparates und zum damit verbundenen Wiedererlangen von Schönheit und Würde des menschlichen Körpers weisen.

Darüber, dass Körperhaltung und -bewegung mit seiner Anmut zusammenhängen, hat mich meine Patientin überzeugt, die neben dem Wunsch, ihre Rückenprobleme loszuwerden, auch elegant in Schuhen mit hohen Absätzen laufen wollte. Bisher hatte sie beim Laufen in Stöckelschuhen Schwierigkeiten wegen sich nach innen verdrehender Fußspitzen.

Aus entwicklungskinesiologischer Sicht ist die Verdrehung der Füße und Fußspitzen nach innen, wie hier später detailliert gezeigt wird, sehr eng mit Problemen im Bereich der Wirbelsäule verbunden.

Eine halbjährige Therapie hat die Rückenschmerzen beseitigt und auch problemloses Gehen auf hohen Absätzen ermöglicht, führte also zur Normalisierung des Laufstereotyps. Die große Zielgerichtetheit dieser Intervention, die auch Schönheit und Bewegungsanmut mit sich bringt, ist eine sehr gute Sache. In weiteren Kapiteln können wir uns anhand einer Reihe von Fallstudien davon überzeugen, dass zielgerichtete Behandlung zu Schönheit führt.

VM2G als Ausrichtung auf Bewegung

Wir sind zur Bewegung vorprogrammiert. Allgemein kann man sagen, dass man durch Perfektionierung von Bewegung sein Leben besser leben kann.

Störung der Haltungsautomatik vor der Therapie

nach einjähriger Therapie

Störung der Haltungsautomatik vor der Therapie

nach einjähriger Therapie

VM2G benutzt unsere eigene, gegebene und unveränderliche genetische Programmierung zur Bewegung. Das, womit VM2G „arbeitet“ und was es zur Behandlung nutzt, ist ein angeborenes genetisches Programm. Ein Programm, welches dazu bestimmt ist, uns nach der Geburt zu einer aufrechten automatischen Körperhaltung entgegen der Schwerkraft zu verhelfen und uns das Gehen auf den beiden unteren Gliedmaßen zu ermöglichen, damit unsere oberen Gliedmaßen zum Greifen eingesetzt werden können. Wenn dieses Programm sein Ziel erreicht, was meist nach Vollendung des ersten Lebensjahres geschieht, schaltet es sich automatisch ab. Es ist nicht mehr notwendig, denn wir beginnen, die Möglichkeiten zu nutzen, die uns unsere automatische Körperhaltung und unsere automatischen Bewegungsstereotypen bieten.

VM2G funktioniert als Therapie, die auf der Möglichkeit der Veränderung gegenseitiger Beziehungen einzelner Systeme und Organsysteme des menschlichen Körpers beruht.

Das Wesentliche, was bei der eigentlichen Anwendung sowohl der „klassischen“ Vojta-Methodik als auch der VM2G passiert, ist das Auslösen des genetisch gegebenen motorischen Programms. Dies geschieht auf dem Reflexweg durch mechanische Reizung der Reflexzonen am Körper. Diesen Prozess kann man mit dem Auslösen der bekannten einfachen Reflexe, die bei neurologischen Untersuchungen verwendet werden, z. B. des patellaren Reflexes, vergleichen. Diese einfachen Reflexe werden auf Rückenmarksniveau gesteuert und auch durch einen mechanischen Stimulus ausgelöst, am häufigsten durch Klopfen auf die entsprechende Stelle am Körper. Leicht erkennbare Reaktion auf die Stimulation ist die schnelle Kontraktion der entsprechenden Muskelgruppe und ihre sofortige Relaxation.

Die Steuerung des bei der Vojta-Methodik genutzten globalen Reflexes erfolgt vom Gehirn aus, obgleich sicher auch Rückenmarkmechanismen eingesetzt werden. In welchem Bereich sich das Steuerungszentrum des globalen Reflexes befindet, ist bisher nicht genau bekannt, aber angesichts dessen, dass man den globalen Reflex auch bei Patienten im Koma auslösen kann, lässt sich davon ausgehen, dass es in subkortikalen Gehirnstrukturen zu suchen ist.

Die Antwort ist nicht, wie bei einfachen Reflexen, eine sofortige Kontraktion und nachfolgende Entspannung der Muskeln, sondern langsames Einbinden einzelner Muskelgruppen in Muskelketten. Die resultierende Bewegung hängt davon ab, welche Hauptmuskelketten wir soeben auf dem Reflexweg aktiviert haben. Welche Muskelkette vordergründig aktiviert wird, hängt von der Körperlage des Patienten ab und ist für den Verlauf der Reflexbewegung maßgebend.

Eine grundlegende „Starteinstellung“ der Körperlage ist notwendige Voraussetzung dafür, dass wir den globalen Reflex auslösen können. Solche „Startlagen“ sind jedoch auch beim Auslösen einfacher Reflexe notwendig, denn man könnte z. B. den patellaren Reflex nur schwer bei einem stehenden Patienten auslösen.

Was VM2G nicht ist

Es handelt sich nicht um aktives Üben, bei dem man willentlich daran arbeitet, den aktuellen Zustand des Bewegungsapparates zu ändern. Es geht nicht um die Veränderung der aktuellen Länge einzelner Muskel oder Muskelgruppen, wie z. B. beim Stretching oder bei Yoga-Übungen. VM2G ist keine aktive Kräftigung ausgewählter Muskel oder Muskelgruppen, wie es beim Bodybuilding oder mithilfe von Krafttrainingstechniken geschieht

Kasuistik – Einsatz von VM2G in der Behandlung schwerwiegender peripherer Paresen.

Illustration der Lösung von Problemen, verursacht durch Armlähmung nach der Geburt

Monika war die jüngste von uns behandelte Patientin – sie war drei Tage alt, als ihre Mutter mit ihr zu uns kam. Die Geburt war sehr schwierig. Bei der Mutter kam es zum Steißbeinbruch, und da sich die Entbindung hinzog, zog der Geburtshelfer stärker am Kopf des Kindes. Die Folge war eine Parese des gesamten Armes des Neugeborenen vom Schulterblatt bis zur Hand. Bereits die erste neurologische Untersuchung in der Entbindungsklinik zeigte, dass der Zustand sehr ernst war. Der Arm war komplett bewegungslos und reagierte auch auf keine äußeren Reize. Die Mutter kannte sehr gut alle Risiken, die die ungünstige Prognose der zukünftigen Entwicklung des Armes mit sich bringen würde. Sie stürzte sich mit großem Eifer in die intensive Rehabilitation, denn sie wusste, dass es ein wirklicher Kampf um die Zukunft ihrer Tochter sein würde.

.

Problembeschreibung  (klinischer Befund)

Die detaillierte Anamnese einschließlich der Beschreibung der Geburt bestätigte, dass es sich um eine komplette obere und untere Plexuslähmung handelt. Das traumatische Manöver traf sowohl die Innervation der Schulterblatt-, Schulter- und Armmuskulatur, als auch den Unterarm und die gesamte Hand. Die Muskeln waren komplett hypotonisch, einschl. der reflektorischen Gelenkhypermobilität. Die Manipulation des Kindes bedurfte außerordentlicher Sorgfalt, um sekundäre Traumatisierungen der völlig plegischen Extremität zu vermeiden. Versuche, irgendeinen Typ des neurologischen Reflexes an der betroffenen Extremität hervorzurufen, waren völlig erfolglos. Der neurologische Bericht sprach von einer sehr wahrscheinlichen Unterbrechung der Wurzelnerven des Plexus brachialis. Die Störung der sensitiven Innervation spiegelte sich auch in der marmorfarbenen Haut und der leichten Schwellung des gesamten Armes wider. Die motorischen Funktionen der anderen Gliedmaßen waren völlig in Ordnung, und die ZNS-Funktionen zeigten keine Anzeichen von Störungen.

Facherklärung des Problems

Die Nachgeburtsparese des Armes stellt eine außerordentliche psychische und folglich auch physische Belastung der Mutter eines so geschädigten Neugeborenen dar. Der traumatische Mechanismus war das Ziehen am Kopf des Kindes, das in den Geburtswegen steckenblieb. Infolge einer verklemmten Schulter des Kindes kommt es zur Dehnung, zum Anriss bzw. zum vollständigen Riss der Wurzelnerven des Plexus brachialis. Meistens äußert sich die Störung als obere Plexuslähmung, die die Schulterblatt-, Schulter- und Armmuskeln versorgenden Nerven betrifft. Seltener kommt es zu einer unteren Lähmung, von der Nerven betroffen sind, die Unterarm- und Handmuskeln innervieren. Treten beide Lähmungstypen gemeinsam auf, lässt dies auf eine erhebliche Schädigung des Nervengeflechtes schließen. Es kommt nicht nur zur Dehnung, sondern zum Anreißen bzw. zum kompletten Ausreißen der Wurzelnerven. Dieser Zustand ist prognostisch außerordentlich schwerwiegend. Ohne rechtzeitige, intensive und gut ausgeführte Therapie, die das Regenerationspotenzial des Nervengewebes nutzt, ist die zukünftige grundlegende Beweglichkeit und primäre Funktion des gesamten Armes und der Hand in kritischer Weise bedroht. Wird durch intensive, aber gleichzeitig angemessene Stimulierung das Regenerationsvermögen des Nervengewebes nicht rechtzeitig aktiviert, kommt es sehr bald zur Muskeldenervation und damit zu irreversiblen morphologischen und funktionellen Veränderungen in den Muskeln. Ungenügende Versorgung mit Nervenstimuli bewirkt, dass auch die restlichen peripheren Nervenverbindungen von der Nerveninhibition beeinflusst werden, wobei sich gleichzeitig auf zentraler Steuerungsebene eine Nervenalienation auszubreiten beginnt. Damit verliert die betroffene Extremität praktisch gänzlich die Möglichkeit einer Verbindung und somit auch einer Steuerung. Aus entwicklungskinesiologischer Sicht stellt diese funktionsunfähige obere Extremität eine bedeutende Einschränkung für die Entwicklung des Bewegungsapparates dar. Dieser ist gezwungen, Ersatzbewegungsmechanismen zu suchen, die funktionsmäßig den fehlenden Arm ersetzen. Der Arm wird aus kinetischen Muskelketten ausgegliedert, wodurch es zur Störung biomechanischer Verbindungen kommt. Die so gestörte Entwicklung kann während der Adoleszenz zu einem deutlichen Ungleichgewicht bei der Muskelkoordination führen, was zu Wirbelsäulenskoliose oder Disfiguration des Brustkorbes führen kann. Soll das therapeutische Bestreben tatsächlich eine Wirkung haben, muss es sämtliche oben angeführten Gesichtspunkte berücksichtigen. Intensive Stimulierung paretischer Nerven ist eine außerordentlich komplizierte Angelegenheit; erfolgt sie aufgrund einer bewussten Aktivität, kann dies leicht zu Überlastung und der Notwendigkeit einer langen Regenerationszeit führen. Bei der Stimulierungsweise, die prinzipiell von genetisch gegebenen motorischen Programmen ausgeht, muss man dieses Problem nicht befürchten. Eigene angeborene Programme haben einen Rückkopplungsschutz, der eine Überlastung der paretischen Muskeln und Nerven verhindert. Diese Kontrollmechanismen sind völlig zuverlässig, was auch die langjährige Praxis bestätigt hat. Eine weitere Unannehmlichkeit beim Bestreben, die paretischen Muskel auf aktive, bewusste Art und Weise zu trainieren, besteht in der Entstehung von Synkinesen, die die Bewegung als solche stören, denn die Muskeln, die weniger als andere denerviert sind, schalten sich auch in Bewegungen ein, an denen sie sich nicht beteiligen sollten. Dieses Problem ist bei der Reflexstimulierung auch nicht bekannt, denn die korrektiven Reflexprogramme führen eine koordinierte Stimulierung durch, die die Entstehung von Synkinesen verhindert. Die dritte wichtige Komplikation der analytischen Stimulierung paretischer Muskeln ist ihre fehlerhafte Einbindung in kinetische Muskelketten und somit auch in Bewegungsstereotypen. Die Reflexstimulation arbeitet jedoch im Rahmen grundlegender Bewegungsstereotypen und lässt eine fehlerhafte Einbindung von irgendeinem Teil des Bewegungsapparates in Bewegungsstereotypen nicht zu. Im Rahmen der Tschechischen Republik ist die Therapie mit der Vojta-Methodik bei Nachgeburtsparesen des Plexus brachialis bereits obligatorisch. Unsere Erfahrungen mit dem Einsatz der VM2G sind sehr positiv, und zwar auch bei den schwersten Typen dieser Traumata.

Während des ersten Lebensjahres ist die Nutzung der Vojta-Methodik eine relativ einfache Angelegenheit – Schwierigkeiten treten erst auf, wenn das Kind beginnt, selbstständig zu stehen und zu laufen. Da die Grundprogramme der Motorik ausgereift sind, hat das Kind die Möglichkeit, die Auslösung des Stimulierungsreflexes zu stören. Die Möglichkeit einer rationalen Einigung mit dem Kind zwischen dem ersten und fünften Jahr ist recht eingeschränkt. Aus diesen Gründen wird meistens die Therapie mit der Vojta-Methodik beendet, und man empfiehlt den Eltern, den betroffenen Arm durch Einlegen von Spielzeug in die entsprechende Hand zu stimulieren. Diese Ratschläge basieren auf mangelndem Verständnis des Zustandes und der Fähigkeiten, die die neurophysiologische Situation und auch das Niveau der psychischen Reife ermöglichen. Z. B. wird die Tatsache vernachlässigt, dass beim Kind in der betroffenen Hand noch keine normale Stereognosie entwickelt ist und es somit die ihm in die Hand eingelegten Spielzeuge nicht richtig mit dem Tastsinn erkennen kann, sodass keine Chance besteht, dass diese seine Aufmerksamkeit fesseln könnten. Kommt es bis Ende des ersten Lebensjahres zu keiner vollen Normalisierung der Bewegungsfunktion der betroffenen Hand, was bei Fällen der kombinierten oberen und unteren Plexuslähmung eher selten ist, muss man die Reflexstimulierungstherapie fortsetzen, jedoch mit einem ganz anderen Ansatz als beim Säugling – nämlich einem, der die Gegebenheiten der psychologischen Entwicklung respektiert.

Illustration der Lösung

Die eigentliche Durchführung der Therapie war außerordentlich mühsam. Gleich von Anfang an musste man die VM2G Reflexstimulierung viermal pro Tag vornehmen. Die Kontrollen im ersten Jahr erfolgten einmal wöchentlich. Als die Patientin sechs Monate alt war, musste man auf eine noch mühsamere Variante der Stimulierung umsteigen, die zu Hause die Mutter der Patientin und eine weitere Person durchführten. Der zweite Hilfstherapeut war die Großmutter der Patientin. Sie wurde jedoch für gewisse Zeit von der Tante und einer bereitwilligen Nachbarin abgewechselt, die in einem Haus mit der Patientin lebte. Dank der intensiven Stimulierung kam es zum allmählichen Einschalten von Muskeln, und zwar sowohl im oberen, als auch im unteren Teil des Armes und der Hand. Dadurch konnte der Verlauf der Bewegungsentwicklung des ersten Jahres verhältnismäßig normal verlaufen. Der Arm hat sich allmählich in normale Bewegungsstereotypen des Umdrehens, der Stabilisierung in der Seitenlage, des Greifens, des Kriechens, der Stütze beim Stehen auf allen vieren, des Krabbelns auf allen vieren und schließlich auch in den Laufstereotyp eingeschaltet. Als die Patientin begann, selbst­ändig zu laufen, musste man die Übungseinstellung verändern. Wir begannen, in wesentlich größerem Umfang Spiele, Lieder und Kinderreime zur Ablenkung zu benutzen. Bis zum Alter von dreieinhalb Jahren erfolgten die Übungen zweimal täglich mithilfe eines zweiten Haustherapeuten. Dann übte die Mutter alleine nur noch einmal täglich mit der Patientin. Im folgenden Übungsjahr, als die Mutter erneut schwanger war, suchten wir nach einer Möglichkeit, die Übungen mit Monika fortzusetzen. Seinerzeit war das eigentliche Üben zu Hause bereits physisch sehr anstrengend und für die schwangere Mutter praktisch unmöglich. Die Lösung bestand im neuen Konzept der Durchführung der VM2G mithilfe eines Haustherapeuten. Die kleine Monika gewann ihre „Tante Dascha“, die Haustherapeutin, schnell lieb, und das weitere Üben ging wirklich gut. Monika hatte richtigen Respekt und versuchte nicht mehr ihre „Tricks“, die aufs Hinausschieben und Abkürzen der Übungen abzielten, wie sie dies bei ihrer Mutter tat. Die Übungen konnten mithilfe des Übungsanzuges intensiver und für Monika auch unterhaltsamer gestaltet werden. Dank der guten und intensiven Therapie gelang es, die Folgen dieses sehr schweren Geburtstraumas fast zu normalisieren. Es erneuerte sich die Beweglichkeit des gesamten Schultergeflechtes und des Ellbogens, und die Hand war genauso geschickt wie die andere. Die Bewegungsstereotype sind in der Norm, und das einzige, woran weiterhin therapeutisch gearbeitet wird, ist die ungenügende Stabilität des Armes bei äußerer Rotation.

Erklärung der Lösung

Den Verlauf der Therapie und ihre bisherigen Ergebnisse können wir als wirklich gut bewerten. Aus der anfänglich sehr unsicheren Prognose über die zukünftige Funktion der Hand wurde sehr schnell Sicherheit, dass weder der Arm noch die Hand plegisch und funktionsunfähig bleiben. Ein so schwerwiegendes Trauma der peripheren Nerven erfordert die möglichst schnelle Aufnahme einer intensiven und zielgerichteten Behandlung. Die Anwendung der VM2G ermöglichte den Start und die Aufrechterhaltung der Reparationsprozesse. Ziel der Stimulierungsaktivität ist der eigentliche Prozess der Neurogenesis und der Vorbeugung zentraler Alienation. Dank der Nutzung genetisch gegebener motorischer Programme kann eine Stimulierung mit maximaler Wirksamkeit ohne Überlastungsrisiko erfolgen. Die Rückkopplungskontrolle, zu der es bei der Reflexstimulierung ganz automatisch kommt, ermöglicht die eigentliche Dosierung der Stimulation praktisch unabhängig von äußeren Bedingungen. Erkennt dieses Kontrollsystem, dass die Grenze einer möglichen Überlastung erreicht wird, schaltet es die Stimulierung automatisch ab. Es ermöglicht einen weiteren Anlauf erst dann, wenn sich das Nervensystem erholt hat und wieder imstande ist, weitere Stimulationsbelastungen zu ertragen. Die Intensität der Stimulierung wurde schrittweise unter Nutzung technischer Hilfsmittel erhöht. Dadurch erhöht sich, wie Dr. Vojta betonte, die räumliche Summierung der Stimuli. Die Zeitsummierung wurde praktisch maximal genutzt, vor allem während des ersten Lebensjahres, als die Übungen jeden Tag viermal wiederholt wurden. Es wurden alle bisher genutzten therapeutischen Hilfsmittel eingesetzt, also Stimulierungsbälle, rutschsichere und Balancierungsunterlagen, geneigte Ebenen der Stützflächen und Übungsanzug. In den Folgejahren hat sich die Konzeption des Einsatzes einer Haustherapeutin sehr bewährt, die eine liebenswürdige, aber kompromisslose Ordnung in die Übungen brachte. Diese vernünftige Einstellung der Grenzen brachte auch der gesamten Familie eine Erleichterung, und auch die Patientin verträgt das Üben mit ihrer „Tante“ sehr gut, ohne Proteste und Ausweichmanöver.

Trauma einer Nachgeburtsparese des Plexus brachialis und seine Lösung vom VM2G Gesichtspunkt

VM2G hat sich bei der Therapie peripherer Paresen verschiedener Ätiologie sehr bewährt, vor allem in Fällen von Nachgeburtsparesen des Plexus brachialis. Die auf dem Reflexweg in Gang gesetzten Reparaturprogramme sind außerordentlich wirksam und auch völlig gefahrlos. Gerade die Gefahrlosigkeit der Behandlung ermöglicht es, ihre Durchführung den Eltern und Haustherapeuten zu überlassen. Die Grundbedingung bleibt jedoch die Führung und Beaufsichtigung der VM2G-Therapie durch einen erfahrenen Physiotherapeuten. Die Funktionsstörung geht im Falle einer peripheren Parese verhältnismäßig schnell auch in eine morphologische Störung über. Diese funktionelle und morphologische Störung beginnt sich auf die Funktion der übrigen Teile des Bewegungsapparates auszuwirken. Die Ausgliederung der betroffenen Extremität aus den grundlegenden Bewegungsstereotypen kann zu Störungen in der Entwicklung des Brustkorbes führen, d. h., zu seiner Verformung, und auch der Wirbelsäule, die zu einer skoliotischen Haltung tendiert.

Der therapeutische Eingriff mittels VM2G führt zu einer Normalisierung der für die Steuerung der Motorik zuständigen Programme und in der Folge auch zu einer Normalisierung der Trophik. Das Ziel ist die vollständige Normalisierung der Beweglichkeit der betroffenen Extremität, ihre volle Einbindung in Bewegungsstereotypen und die Normalisierung des Bewegungsapparates als Ganzes, der Haltungsautomatik einschl. der grundlegenden Bewegungsstereotypen.

Eine Vernachlässigung der therapeutischen Intervention bei Kindern, die durch eine Parese des Plexus brachialis traumatisiert wurden, führt zu einer deutlichen Einschränkung der komplexen späteren Persönlichkeitsentwicklung des Patienten. Diese Einschränkung macht sich in vielen Lebensbereichen bemerkbar – beim Lernen, bei Sportaktivitäten oder beim Erlernen eines Musikinstruments. Sie bedeutet auch eine prinzipielle soziale Stigmatisierung, einschl. der Einschränkung der zukünftigen ökonomischen Aktivität.

Videos – Veselá Monika

Video vom Interview mit der Familie